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Ereignisse rund um die Monsterwelle !
Mammutwelle, Freakwave, Monsterwelle, Killerwave, Kaventsmann, Riesenwelle nannten die Seeleute die Begegnung mit Wassermassen unheimlicher Hoehe. Bis 2001 geheimnisumwittert. Mysterie der Seeleute antworteten die Landleute. An keiner nautischen Akademie wurde bis heute das Thema Monsterwelle angesprochen. In keinem meteorlogischen Lehrbuch erscheint ein Absatz. Jetzt fand ich im Buch "Seven Seas" von Peter Freuchens von 1957 auf den Seiten 116/122 unter "The Waves" eine Berichterstattung vom 6. Februar 1933 zu solch einer Mammutwelle. Ozeane bleiben ein interessantes Arbeitsgebiet. Ozeanprojekte und Meerespolitik sollten viel mehr unterstuetzt werden. Meine Respekt vor der See wurde erneut bestaetigt. Heute wuerden auch Landleute Riesenwellen nicht mehr dem Reich der Fantasie zuordnen.
Man darf die Gefahr der See nie verdraengen. Killer oder Moerderwellen zaehlen zu den schlimmsten Naturgewalten der Erde. Die erlebte Wucht und Energie der Wassermassen sind ungeheuerlich. Nach dem Erleben der Monsterwelle hat sich eine andere Art des Respekts verankert. Von einer Monsterwellle oder Freak Wave sprechen Meeresforscher immer dann, wenn die Woge mindestens doppelt so hoch ist wie eine Welle mit signifikanter Wellenhoehe. Dieser Wert ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel der 33 hoechsten von 100 aufeinanderfolgenden Wellen. Riesenwelle ist aber nicht gleich Riesenwelle. Experten unterscheiden drei Arten von Freak Waves:
Gemeinsam ist allen Freak Waves, dass ihr steiler und extrem hoher Wellenkamm einem sehr tiefen, runden Wellental folgt. Anders als Tsunamis tuermen sich Freak Waves im offenen Ozean auf.
Jahrhundertelang hielt man sie fuer Seemannsgarn: Erzaehlungen von bis zu vierzig Meter hohen Wellen, die mitten auf dem Ozean scheinbar aus dem Nichts anrollen und als Brecher mit fuerchterlicher Gewalt alles zermalmen, was sich ihnen in den Weg stellt. "Mittlerweile wissen wir, dass solche Monsterwellen tatsaechlich existieren - und dass jedes Jahr mindestens zehn schwere Schiffsungluecke auf ihr Konto gehen", sagt Heinz Guenther, Wellenforscher am GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht bei Hamburg.
Das deutsche Kreuzfahrtschiff wurde vor vier Jahren auf seiner Reise von Feuerland nach Rio de Janeiro von einer hochhaushohen Welle ueberrollt (siehe Logbuch der "MS Bremen", wobei die Fenster der Kommandobruecke brachen. Die eindringenden Wassermassen zerstoerten die elektrischen Geraete an Bord und loesten den Notstopp der Maschine aus. Mehr als eine halbe Stunde lang trieb der manoevrierunfuehige Luxusliner mit vierzig Grad Schlagseite in der tobenden See. Erst dann war ein Hilfsmotor einsatzbereit, mit dessen Hilfe sich der Havarist nach Buenos Aires schleppte. Im Logbuch vermerkte der Kapitaen einen Brecher von 35 Meter Hoehe.
Am 7. Dezember 1978 verlaesst der LASH-Carrier die Reede von Bremerhaven mit Ziel Savannah im US-Bundesstaat Georgia. An Bord befinden sich 28 Mann Besatzung. Es ist die 62. Reise der "MS Muenchen". Sie nimmt Kurs auf den Nordatlantik. Dort tobt seit Ende November ein heftiger Orkan, der haushohe Wellen auftuermt. Fuer das leistungsstarke Schiff stellt das Unwetter jedoch kein Problem dar.
Am 12. Dezember um 3.10 Uhr in der Fruehe faengt der griechische Frachter "Marion" ein schwaches SOS-Signal der Muenchen auf. Der Funkspruch ist jedoch nicht vollstaendig zu verstehen. Sofort leitet der Funkoffizier der "Marion", Petrakes Stilianos, die groesste internationale Suchaktion zur See ein. 110 Schiffe und 13 Flugzeuge beteiligen sich an der Suche.
Aufgereiht in einer weit gefaecherten Suchkette durchkaemmen die Helfer im Abstand von jeweils fuenf Kilometern ein riesiges Gebiet im Nordatlantik. Doch lediglich ein beschaedigtes Rettungsboot und einige Wrackteile treiben an der Oberflaeche. Von dem maechtigen Schiff und seiner Besatzung fehlt jede Spur. Den einzigen Hinweis auf die Geschehnisse liefert das geborgene Rettungsboot.
An Bord der "MS Muenchen" war es in 20 Meter Hoehe festgemacht und mit stabilen Metallbolzen gesichert. Gerade diese Bolzen sind jedoch extrem stark deformiert. Dafuer gibt es nur eine Erklaerung: Eine ungeheure Kraft muss das Boot frontal in seiner Verankerung getroffen und herausgerissen haben.
"Eine derart hohe Welle kann zum Beispiel entstehen, wenn sie in eine entgegenkommende Stroemung hineinlaeuft", sagt Guenther. "Die Stroemung bremst die Welle und schiebt sie zusammen, dadurch wird sie hoeher und steiler." Warum solche Monsterwellen sich dennoch nur vereinzelt und - anders als Tsunamis - ohne einen konkreten, erkennbaren Anlass bilden, hat der Meerestechniker Guenther Clauss vom Institut fuer Land- und Seeverkehr der Technischen Universitaet Berlin erforscht. "Eine Extremwelle entsteht immer dann, wenn sich mehrere Einzelwellen zufaellig an einer Stelle treffen und ueberlagern", sagt er. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn kurze, hohe Wellen von laengeren und damit schnelleren Wogen eingeholt werden. "Auch wenn Wellen aus verschiedenen Richtungen zusammenlaufen, bei einer Kreuzsee, koennen sich Freak Waves bilden", sagt Clauss.
Gemeinsam mit Kollegen aus Berlin und Hannover laesst Clauss zurzeit in einem Wellenkanal massgeschneiderte Extremwellen entstehen. Mit Hilfe eines Computerprogramms generieren die Forscher die verschiedensten Formen: Kaventsmaenner, Drei Schwestern oder auch Weisse Waende (siehe Kasten). Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert. "Mittlerweile kennen wir Wellen von nahezu beliebiger Hoehe und an einer vorher exakt festgelegten Stelle erzeugen", sagt Clauss. Ziel des Projekt sei es, die Prozesse, die zu Extremwellen fuehren, kuenftig noch besser zu verstehen.
Natuerlich weiss auch Clauss, dass Kapitaene, die auf hoher See in eine Freak Wave geraten, von solcher Grundlagenforschung nur wenig haben. Fuer sie entwickelt der Meerestechniker daher zurzeit ein Computerprogramm zur Routenberatung. Die Software soll dem Schiffsfuehrer auf der Bruecke Kurse und Geschwindigkeiten anzeigen, die bei dem vorherrschenden Seegang gefaehrlich werden koennen.
In einem anderen, vom Bundesforschungsministerium gefoerderten Projekt untersucht Clauss gemeinsam mit Mitarbeitern der Flensburger Schiffbaugesellschaft und der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt, wie Fracht- und Kreuzfahrtschiffe konstruiert sein muessen, damit sie der Wucht der Brecher standhalten. Die Wissenschaftler experimentieren dafuer im Wellenkanal mit Modellschiffen im Massstab von 1: 80. Ende des Jahres wollen sie erstmals konkrete Bauanleitungen fuer wellenresistente Schiffe vorstellen. "Nur mit stabilen Schiffen laesst sich die Zahl der Havarien verringern, die von Extremwellen verursacht werden", sagt Clauss und fuegt hinzu: "Tsunamis lassen sich vorhersagen - Freak Waves nicht."
Am GKSS bemueht man sich dennoch um eine Prognose-Methode. Im Rahmen eines von der Europaeischen Union gefoerderten Projekts namens Maxwave haben die Forscher aus Geesthacht zusammen mit Kollegen der Lueneburger Firma Oceanwaves ein Radargeraet entwickelt, das den Seegang erfasst. Das so genannte Wave Monitoring System (Wamos) zapft das bordeigene Radargeraet an, das heutzutage fuer navigatorische Zwecke nahezu auf jedem Schiff installiert ist. In diesen Geraeten wird das Echo, das die Seeoberflaeche reflektiert, unterdrueckt. "Gerade in diesem Signal aber steckt die Information ueber den Seegang", sagt Guenther. "Indem wir es herausfiltern und im Computer verrechnen, erhalten wir Informationen ueber die Hoehe, Laenge und Richtung einer Welle."
Bislang ist das Wamos weltweit gerade einmal auf fuenf Schiffen fest installiert. "Problematisch an dem Geraet ist, dass es bisher nur eine Reichweite von maximal zwei Kilometern hat", sagt der Geschaeftsfuehrer von Oceanwaves, Juergen Dittmer. Das bedeutet, dass es hoechstens drei Minuten dauert, bis eine herannahende Riesenwelle da ist. Auf Foerderplattformen, wo Erdgas oder Erdoel auf Tanker verladen wird, mag das eine ausreichende Zeitspanne sein, um zu reagieren und zumindest die Verladung kurz zu unterbrechen. "Auf einem traegen Ozeandampfer, der seinen Kurs so schnell gar nicht zu aendern vermag, kann man aber nur noch in Deckung gehen", gibt auch Dittmer zu. Er hofft allerdings, dass sich die Reichweite des Wellenradars kuenftig vergroessern laesst.
Ehrgeiziges Ziel der Forscher am GKSS ist jetzt eine Art Wellenvorhersage, die von den meteorologischen Diensten verbreitet wird. "In Suedafrika gibt es so etwas bereits", sagt Guenther. Allerdings basiere das suedafrikanische System voellig auf Erfahrung: "Dort kennen die Meteorologen die Wetterlagen, bei denen die Gefahr von Freak Waves besonders hoch ist." In Frankreich hingegen hat der Wetterdienst Maetaeo France - anhand verschiedener Parameter wie Laenge und Richtung einzelner Wellen - Karten zur Vorhersage von Freak Waves entwickelt. "Die Richtigkeit dieser Prognosen wird zurzeit ueberprueft", sagt Guenther. Ob sich zum vorhergesagten Zeitpunkt an einer bestimmten Stelle tatsaechlich eine Riesenwelle gebildet hat, laesst sich beispielsweise mit Hilfe von Radarsatelliten ueberwachen. "Fuer eine lueckenlose Beobachtung der Ozeane waeren allerdings mindestens fuenf Satelliten notwendig", sagt Susanne Lehner von der Rosenstiel School of Marine and Atmospheric Science der University of Miami. Dazu aber fehlt derzeit das Geld.
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